Coming Out an der Adria (4) Ende

Seltsame nÀchtliche Ereignisse und Heimfahrt im Zug

Ich sitze am Strand und sehe das Schlauchboot ablegen. Luca, Matteo und Pietro begreifen, dass ich jetzt nirgendwohin will. Sie verabschieden sich, weil sie nach hause gehen wollen und lassen mich allein mit meinen Gedanken.

Das ungeheure Ausmaß der Geschehnisse des letzten Tags beginnt langsam in mein Bewusstsein zu sinken. Ich war ein AchtzehnjĂ€hriger, der verzweifelt nach seinem Selbst suchte. Ich hatte einige Male verzweifelt versucht, einen Jungen zu verfĂŒhren. Und hier am Gargano bin ich endlich entjungfert worden und hatte eine Nacht voll Sex mit Capitano und seinen Jungs erlebt.

Ich ziehe innerlich Bilanz: Ich habe vier SchwĂ€nze getroffen, zwei geblasen, war von drei selbst geblasen worden, wurde von zwei gefickt und hatte selbst zwei gevögelt. Fuck! Selbst in meinen wildesten Phantasien hĂ€tte ich gedacht, dass mir das in nur einer Nacht pasieren wĂŒrde, und ganz sicher nicht unter Touristen am italienischen Gargano.

Ich hatte meine Unschuld nicht wie in meinen TrĂ€umen mit einem Jungen in meinem Alter in sanfter und romantischer Art und Weise verloren. Nicht mit einem Jungen, den ich liebe, sondern mit Capitano, einen Mann, der fast doppelt so alt ist, wie ich, stehend in einer vollgstopften Duschkabine nach faktisch keiner Vorbereitung und ohne Vorspiel. Sicher habe ich gelegentlich fĂŒr Lehrer oder Trainer geschwĂ€rmt, aber hatte sie nie als mein erster Mann in meine Phantasien eingeschlossen.

Ich hatte ein paar V ersuche mit einem Jungen gemacht, der mir fĂŒr meine Reize empfĂ€nglich zu sein schien. Aber diese Versuche waren vergiftet durch die Angst, so dass es fast eine Erleichterung war, dass sie ein Fehlschlag wurden. Irgendwie gab es diese Angst hier in Italien mit der Crew von Capitano nicht. Es gab eine Wahrscheinlichkeit, dass es passieren wĂŒrde und die Sache entwickelte sich wie von selbst. Mit meinem vollen Willen.

Aber wo stehe ich jetzt? Wohin soll ich von hier gehen? Ich muss nachdenken.

Capitanos Yacht kommt langsam außer Sicht. Die WĂ€rme der Sonne wird langsam zur Hitze und verb rennt meine helle, deutsche Haut. Jetzt kommt der Angestellte von der Rezeption des Campingplatzes zu m ir und bietet mir seine Hilfe an. Ich muss mein Zelt nicht wieder aufbauen. Er fĂŒhrt mich an eine andere, diskretere Stelle. Dort steeht ein viel grĂ¶ĂŸeres Zelt, das bestens eingerichtet ist.
„Das ist ein besserer Platz, wenn du Besuch von Jungs hast“, informiert er mich.

Die Stelle ist in der Deckung eines großen Baums. Die Kriterien fĂŒr den Aufbauort eines Zelts haben sich von ‚gut sichtbar und klein’ zu ‚diskret und groß’ verwandelt. Ich lĂ€chele innerlich. Was fĂŒr ein Unterschied ein einziger Tag machen kann.

Der Angestellte Marino ist geschĂ€tzt um die dreißig und etwas grĂ¶ĂŸer als der Durchschnitt der Einheimischen hier. Seien Haut erscheint mir auch heller zu sein.
„Marino, wo sind Sie her?“
„Ich bin aus dem Norden, Venezia. Hier sind die schönsten Jungs und Capitano ist mein bester Freund.“
Ich nicke. Fast jeder hier scheint ein Freund von Capitano zu sein.
„Hat dir die Nacht auf der Yacht gefallen, Adriano?“
„Es war schön, grazie“, antworte ich udn sehe ihm in die Augen um in ihnen zu lesen, ob es mehr als eine höfliche Frage war.

„Du hast GlĂŒck gehabt. Capitano nimmt gewöhnlich keine Touristenjungs auf seine Yacht.“
„Warum gerade ich?“ frage ich neugierig.
Marino zuckt die Schultern.
„Da musst du ihn schon selbst fragen, Ragazzo.“

„Okay.“
Mir wird klar, dass ich keine detailluerten Informationen von Marino erfahren wĂŒrde. Ich will ihm auch nicht mehr von mir zu wissen geben, weil er es womöglich allen Angestellten des Campingplatzes weiter erzĂ€hlen wĂŒrde.

Das Zelt ist aufgebaut. Er steht auf und ich mache Anstalten, zu gehen.
„Wenn du Wertsachen hast, Adriano, kannst du sie in den Safe tun.“
„Oh?“
„Ja, Ragazzo, Capitano wird mir nie vergeben, wenn dir hier etwas gestohlen wird.“
„Warum kĂŒmmert sich Capitano so um mich?

Marino lÀchelt mich an.
„Seine Jungs haben mir gesagt, der Capitano liebt dich, so wie er vorher den Jungen aus Amsterdam geliebt hat“, flĂŒstert er.
„HollĂ€nder?“
„Ja, er ist letzten Monat abgereist, aber er war fast ein Vierteljahr hier. Er ist dir etwas Ă€hnlich, Adriano.“

Der Nachmittag kommt. Ich wudneer mich, denn jetzt erscheint Matteo wieder.
„Wolltest du nicht nach Hause?“ frage ich ihn.
„Da war ich schon. Jetzt möchte ich die Nacht mit dir im Zelt verbringen. Es wird eine warme Nacht und wunderschön, Adriano.“

In der Tat ist die Nacht warm. Ich habe Matteos warmen Atem im Nacken, und ich bemerke an seinen Körperbewegungen, dass er sich wichst. Auch ich habe bald meine Hand an meinem Glied und hole mir im gleichen Rhythmus einen runter, den die bewegte Hand des italienischen Jungen neben mir vorgibt. In einem Zelt in der NĂ€he scjeint ein Liebesspiel begonenn zu haben. Leises Stöhnen und Koseworte in englischer Sprache werden durch die adriatische Nacht zu uns getragen. Sie werden lauter, und wir beide wichsen uns schneller. Dann stöhnen sie auf und es ist Stille. Ich fĂŒhle, wie mein eigener Orgasmus ĂŒber mich schwappt. Gleichzeitig fĂŒhle ich Matteos Sperma gegen meinen RĂŒcken klatschen. Ich rubbele den Teufel aus mir, bis nichts mehr kommt. Dann umarmen wir uns und sinken in einen gemeinsamen Schlaf.

Ein wenig spĂ€ter in der Nacht fĂŒhle ich, dass wir nicht mehr allein sind. Ich bin noch nicht ganz wach. Meine Augen sind geschlossen und mein Atem regelmĂ€ĂŸig wie im Schlaf. Trotzdem ist es mir, als ob noch jemand anderes als Matteo neben mir liegt. Ein fremder Atemzug neben mir erzeugt eine GĂ€nsehaut in meinem Nacken, dann legt sich eine warme, zarte Hand auf meinen nackten Bauch, dessen Muskeln sich erwartungsvoll anspannen.

Was habe ich oder wir getan? FĂŒhlen sich die hörbar sexuell aktiven Zeltnachbarn eingeladen? Oder hatten sie unsere Orgasmen beim gemeinsamen Wichsen mitbekommen? Sind sie immer noch geil auf Sex? Ist es nur einer oder beide Partner, MĂ€dchen oder Jungs, die uns nun im Schlaf benutzen wollen?

Ist das vielleicht sogar so etwas wie sexuelle BelĂ€stigung? Nun bemerke ich, es sind wohl Luca und Pietro, und irgendwie weiß ich, es ist Pietro, der verbotene Junge, der seine Hand auf mich gelegt hat, wĂ€hrend Luca sich an Matteo schmiegt.

Sie mögen uneingeladen sein, aber innerlich hieiße ich den jungen, sĂŒĂŸen Italiener willkommen. Nun bin ich hellwach. Wenn er mir jetzt seinen steifen Schwanz zwischen die Schenkel schieben wĂŒrde, wĂŒrde ich ihn bitten, weiter zu machen. War es wirklich Pietro, der bei mir die Befriedigung sucht, die er sonst Capitano gibt? Eigentlich ist mir das gleichgĂŒltig. Ich entspanne mich und lege meine Hand auf die auf meinem Bauch. Neben mir regt sich Matteo. Auch er scheint zu erwachen. Schemenhaft sehe ich die schlanke Gestalt, die sich an ihn schmiegt. Ich ziehe die Hand meines Jungen höher zu meiner Brust und drehe mich auf die Seite. Erregung lĂ€sst mich zittern, als ich einen langen aber dĂŒnnen, steifen Schaft an meinen Hinterbacken fĂŒhle. Ich spreize meine Beine, um ihm Raum zu geben. WĂŒrde er seine junge Rute in mich stoßen?

Stattdessen fĂŒhle ich zĂ€rtliche Lippen auf meinen. Eine Zunge dringt mir in den Mund. Minutenlang liegen wir da. verbunden in einem langen Kuss. Neben uns liegt Matteo mit weit gespreizten Beinen auf den Bauch, ĂŒber ihm eine schlanke, junge Gestalt. Ich höre ihn aufstöhnen, als er die Penetration fĂŒhlt. Ich kenne dieses GerĂ€usch. Meine Nippel werden gekniffen und massiert. Lustvoll keuche ich auf und stimme in Matteos Stöhnen ein.

Eine Hand legte sich um meinen Schwanz. Sie wichst mich langsam, aber beharrlich, wĂ€hrend sich ein langer, warmer Penis von hinten zwischen meine Schenkel schiebt und eine warme Brust sich an meinen RĂŒcken legt. Ich bin wie verzaubert. Die warme Hand um meine aufgepumpten Schwellkörper, die im Takt ĂŒber meine fast berstende Eichel reibt, die heiße Stange, die sich rhythmisch zwischen meinen Schenkeln reibt. Alles bringt meinen Unterleib in Bewegung. Er bewegt sich synchron und verstĂ€rkt die Winkung von Hand und Schwanz des nackten Jungen, dessen warmer Atem nun an meinem Ohr ist, und ich sein leises Stöhnen höre.

Neben uns wird es feuriger. Ich höre das Klatschen von Haut auf Haut, das helle Stöhnen des Aktiven neben dem dunkleren, gutturaleren von Mattheo, der deutlich hörbar jetzt gefickt wird. Jetzt bin ich so erregt, dass ich nur noch den Gedanken im Kopf habe, meinem jungen Liebhaber ein schönes Erlebnis zu verschaffen. Das bringt mich zu einem wunderbaren Orgasmus, bei dem ich wahre Ströme von mir spritze, verstÀrkt durch das Aufstöhnen und die Ejakulation des Jungen hinter mir, der seine Ladung zwischen meine Schenkel ablÀdt. Im Einschlafen höre ich noch das erregende Liebesspiel zwischen Matteo und seinem jungen, italienischen Lover.

Als ich erwache, sind wir allein im Zelt. Es ist hell, Leute am Strand kreischen vergĂŒgt und die Vögel zwitschern. Ich strecke mich aus und krieche nackt aus dem Zelt. Die beiden englischen Girls grinsen mich interessiert an. Nun ist auch Matteo erwacht, wir ziehen uns Shorts ĂŒber und waschen uns gemeinsam. Das kĂŒhle Wasser wĂ€scht Sperma und Schweiß von unsren Körpern und den Schlaf und die TrĂ€ume aus unseren Köpfen. Ich weiß immer noch nicht, welcher der beiden Jungs in der Nacht Liebe mit mir gemacht hat, und wer Matteo gefickt hat, aber das ist jetzt eigentlich auch nicht wichtig. Vielleicht ist es ja auch nur ein intensiver, feuchter Traum gewesen.



Jeder Urlaub geht einmal vorbei, so auch dieser. Die letzten Tage mit Capitano und seinen Jungs waren herrlich, aber nun sind sie vorbei. Ich hatte den Zug in Foggia bestiegen und muss in Mailand umsteigen. Eine ganze Weile zu frĂŒh stehe ich auf dem Bahnsteig des Centrale Bahnhofs in Milano und stehe vor den Zug ins Rheinland
.
Ich bin einer von den wenigen, die schon in den neu eingesetzten Zug einsteigen. Ziemlich leer. Ich kann mir in aller Ruhe ein freies Abteil aussuchen. Die anderen Reisenden denken ebenso. Außerdem mache ich an diesem Tag einen brummigen, bĂ€rbeißigen Eindruck, der mein Inneres widerspiegelt, und die Mitreisenden wohl abschreckt. In der Tat fĂŒhle ich mich nach meiner abenteuerlichen Rundreise durchs halbe SĂŒdeuropa ziemlich matt.

Kurz gesagt, eine ganze Strecke durch Oberitalien und die Schweiz habe ich das Abteil fĂŒr mich allein. Ich rolle knurrig durch das obere badische Rheintal und will im Grunde meine Ruhe haben.

Draußen ist es frĂŒher Nachmittag, vielleicht noch sechs Stunden Bahnfahrt. In Basel hat ein Ă€lterer, schon recht ergrauter Mann den Weg in mein Abteil gefunden. Ich spiele mit meinem Handy. Er lĂ€chelt mir grĂŒssend zu und zieht dann ein Notebook aus der großen Reisetasche.

Verdammt, genau das, wovon ich trĂ€ume. Macbook pro, neustes Modell. Das AluminiumgehĂ€use glĂ€nzt verfĂŒhrerisch im Licht der Nachmittagssonne. Aber ich bin aremer SchĂŒler und bald armer Student, und mein Vater steht nicht auf elektronischen Luxus.

„Was dagegen, wenn ich noch etwas schreibe?“ fragt mich der Herr.
Ich schĂŒttele den Kopf.
„So ein Ding möchte ich auch haben.“
Der Mann sieht mich ĂŒber dem oberen Bildschirmrand an.
„Ich brauch’ das einfach nur zum Schreiben, nicht zum Angeben. Das ist fĂŒr mich kein Spielzeug. Wo kommst du her, Junge?“
Ich zucke die Achseln.
„Durch halb Europa, zuletzt Italien, Adria, Gargano. Urlaub mit wenig Geld zwischen Abitur und Studium. Und nun fahre ich nach Hause.“

Er nickt und lÀngere Zeit höre ich nur die leisen GerÀusche der dunklen Tasten, die mich einschlÀfern.

Karlsruhe. Das Bremsen des Zuges hat mich geweckt. Ich muss wohl doch irgendwo hinter Offenburg eingenickt sein. Der Zug setzt sich gerade wieder in Bewegung, als die AbteiltĂŒr geöffnet wird und ein ziemlich junger, etwas abenteuerlicher Bursche seinen Kopf durch den TĂŒrspalt streckt.
„Is this seat taken? - Ist der Platz hier frei?“

Ich ziehe meine ausgestreckten Beine ein, fĂŒr ihn Aufforderung genug, die TĂŒr weiter zu öffnen. Er zieht einen ziemlich großen Koffer hinter sich her, den er nur mit MĂŒhe ĂŒber den Sitzen verstauen kann. Dann öffnet er den Reißverschluss seiner Lederjacke und pflanzt sich in den Sitz direkt neben mich.
„I prefer to sit in the direction of travel - ich sitze am liebsten in Fahrtrichtung.“

Ich strecke meine Beine wieder aus und mustere meinen Nachbarn unauffĂ€llig aus den Augenwinkeln. Eins, zwei Jahre Ă€lter als ich, groß und krĂ€ftig, schön geformte Oberschenkel, ein wohlgeformter Arsch und breite, jedoch nicht allzu breite Schultern.

Bis Mainz haben wir kaum ein Wort gewechselt. Ich kenne inzwischen genau die Farbe seiner braunen Augen, fast jedes HÀrchen seiner dunkelblonden Augenbrauen, jede StrÀhne seines Haars. Schöne, feingliedrige HÀnde hat er, auch sehr sinnliche Lippen, die er hin und wieder mit der Zungenspitze befeuchte. Fast zu schön, um wahr zu sein.

Der alte Mann mir schrĂ€g gegenĂŒber lĂ€chelt mich wissend an. Der junge EnglĂ€nder scheint ein Nickerchen zu machen.
„Ich kenne die Gegend am Gargano gut. Nette Leute, gut aussehende Jungs. Hast du einen da kennen gelernt?“

Ich werde rot. Woher weiß er, dass ich eine SchwĂ€che fĂŒr MĂ€nner habe?
„Woher wollen Sie wissen, dass ich Jungs und MĂ€nner mag?“ stoße ich trotzig aus und verschrĂ€nke abwehrend meine Arme.

Die Frage ist ziemlich mutig, aber in einigen Stunden werde ich ihn wahrscheinlich nie mehr wieder sehen. Da kann man schon etwas mehr wagen. Der Mann lacht.
„Na, ich habe dich beobachtet. Der junge EnglĂ€nder gefĂ€llt dir wohl.“

Noch mehr Blut steigt in meine Wangen. Benehme ich mich wirklich so auffÀllig? Todesmutig nicke ich.
„Gut, dann kann ich dir ja auch sagen, dass ich hier schwul-erotische Geschichten schreibe. Schon viele Jahre, und eine ganze Menge spielen in Gegenden, wo du in Urlaub warst. Ich heiße Rolf.“

Ich sehe ihn stirnrunzelnd an und frage mich, warum er mir das erzÀhlt. Auf seine Fragen hin erzÀhle ich ihm kurz, wie mein Urlaub verlaufen war. Nette, braune, italienische Jungs am Strand und auf dem Campingplatz, aber ich hatte keinen kennen gelernt. Einsame NÀchte im Zelt. Wie gerne hÀtte ich erstem Sex mit einem Jungen oder Mann gehabt, aber ich habe mich nicht getraut, jemand anzusprechen.

Rolf sieht mich nachdenklich an.
„Du warst an der Adria, also nennen wir dich mal Adrian, Adriano in Italien. Meer klingt nicht besonders, aber Ocean ist gut. Dein Name ist also Adrian Ocean. Jetzt nehme ich die Geschichte ‚Im Zug durchs Rheintal’, die ich in den neunziger Jahren geschrieben habe. Gib’ mir fĂŒnfzehn Minuten, dann heißt der Hauptdarsteller Adrian, das Ganze ist modernisiert und auf deinen Urlaub frisiert und personalisiert. Eine recycelte Geschichte, wie du deine Unschuld an einen etwas dominanten Mann verlierst. Solche MĂ€nner eignen sich besser zur Entjungferung als ein unerfahrener Junge. Nennen wir die Geschichte ‚Coming out an der Adria’.“

Der Mund steht mir offen, aber der Mann ist nun dabei, eifrig zu schreiben. Ich mustere wieder den jungen EnglĂ€nder. Ich ertappe mich dabei, wie ich auf einen Fehler bei ihm lauere, der ihn vielleicht nicht mehr so anziehend macht: Eine dumme Bemerkung, Bohren in der Nase oder eine gewisse Tollpatschigkeit hĂ€tte gereicht. Aber der junge Mann gibt mir keinen Anlass. Er lehnt sich im Sitz zurĂŒck und betrachtet an mir vorbeisehend die ersten HĂŒgel des Rheinischen Schiefergebirges auf der anderen Rheinseite, die im frĂŒhen Abendlicht liegen.

Bingen fliegt vorbei. Es ist so dunkel geworden, dass der MĂ€useturm kaum noch zu erkennen ist. Ich biete meinem Nachbarn ein StĂŒck meiner Tafel Schokolade an. Er lehnt dankend ab. Das klappt also nicht!

„So, fertig“, brummt der alte Mann und massiert seine Finger. Aber ich bin jetzt so im Schwung. Du kriegst noch eine Fortsetzung. Adrian Ocean fĂ€hrt mit einer Yacht aufs Meer, wird entjungfert und hat in einer Nacht ziemlich viel Sex.. Das Material hab ich auch. Ich Ă€ndere die Namen, aus HollĂ€ndern machen wir Italiener, aus dir einen entjungferten Adriano und gut.“
„Merkt das denn keiner?“ fragte ich erstaunt.

Der alte Mann lacht hell auf.
„Wenn ich Namen und Orte etwas Ă€ndere, merkt es kaum einer. Es ist eben eine
-fast- neue Story, Adriano ist der neue, recycelte Held und basta.“

Ich schweige und frage mich, ob ich wache oder trĂ€ume. Ist das alles hier echt oder trĂ€ume ich oder spiele ich in Wirklichkeit in einer Geschichte von Rolf? Allerlei geht mir durch den Kopf. Bis Koblenz wĂŒrde der Zug nicht halten. In knapp drei Stunden wĂ€re meine Fahrt zu Ende. Unwahrscheinlich, dass ich ihn je wieder sehen wĂŒrde. Ach, scheiß was drauf!

Die VorhĂ€nge zum Abteil sind schon zugezogen. Meine Phantasie schlĂ€gt hohe Wellen, auch die kalte, flackrige Beleuchtung im Abteil holt mich nur halbwegs wieder auf den Boden der RealitĂ€t zurĂŒck. Nun atme ich den Duft des EnglĂ€nders neben mir. Ich gerate in TrĂ€umerei.

‚Meine Arme um seinen Nacken zu legen, ihn an mich zu ziehen. Ich halte ihn fest, fĂŒhle ihn atmen, empfinde seinen warmen Körper, sein schlagendes Herz in seiner Brust...’

Ich weiß, dies ist nicht real, nur ein Bild in meinem Gehirn. Der Bursche hat die Augen geschlossen. Er bekommt nicht mit, was in mir vorgeht.

‚Ich stehe auf, stehe vor ihm. Wir umarmen uns erneut, dann kĂŒsse ich ihn gefĂŒhlvoll auf die Lippen. Ich sehe in sein Gesicht, flĂŒstere ihm ZĂ€rtlichkeiten ins Ohr.
"Ich liebe dich, wie immer du heißt. Ich möchte Liebe mit dir machen. Ich möchte mit dir alles teilen, was ich habe."’

Koblenz. Das Bremsen des Zuges scheint ihn geweckt zu haben, wenn er ĂŒberhaupt geschlafen hatte. Jedenfalls schlĂ€gt er wieder die Augen auf. Nur noch zwei Stunden, und ich höre, wie er sich rĂ€uspert. Ich blicke in zwei forschende Augen , halte dem Blick einen langen Augenblick stand. Dann sehe ich wieder auf den alten Mann, der mit seinem Notebook beschĂ€ftigt ist und mich hin und wieder anlĂ€chelt. Mein Nachbar rĂ€uspert sich wieder. Wieder bekomme ich seinen Duft in die Nase. Verdammt! TrĂ€ume sind SchĂ€ume.

‚Er legt den Arm um meine Schultern, sieht mich aus seinen romantisch braunen Augen lange an, fĂŒhrt mich dann zum Bett. Ich lege mich neben ihn, sein Körper rollt auf mich.’

„Wenn man meine Storys liest, könnte man fast meinen, die Schwulen hĂ€tten nur Sex im Kopf. Nun bin ich fertig.“
Die Stimme des alten Manns holt mich aus meinen Phantasien. Die Schwulen haben nur Sex im Kopf? Das Gemeine an allen diesen Behauptungen ist, dass sie ein Körnchen Wahrheit enthalten.
„Und diesen Kerl da wĂŒrdest du am liebsten vernaschen, richtig?“
Nichts da! Von mir kriegt er keine BestÀtigung, dass ich scharf auf den EnglÀnder bin! Ich antworte ausweichend.
„Ein Hetero grapschst ja auch nicht jede Frau an, die ihm gefĂ€llt.“

Einige Minuten Schweigen, da sind sie wieder, diese verdammten Gedanken:

‚Ich merke plötzlich, wie viel ich fĂŒr ihn empfinde. Genauso ist es mit ihm, wie ich aus der Art seiner KĂŒsse, seiner BerĂŒhrungen meines Körpers feststellen kann. Ich will mit ihm meine GefĂŒhle teilen, will eins mit ihm sein, brauche das GefĂŒhl von ihm in mir. Nun schiebt er meine Beine mit dem Knie auseinander, ich schlinge meine Beine um seine Taille. Ich kann die WĂ€rme seines Schwanzes schon fast fĂŒhlen. Er zieht mich nĂ€her an sich, unsere Körper scheinen zu verschmelzen.’

Teufel! Ich bin drauf und dran, einen Steifen zu bekommen. Schnell schließe ich den Reißverschluss meiner Jacke, um wenigstens etwas Deckung zu haben. Köln. Nur noch wenige Stationen. Ich lehne mich in den Sitz, gebe vor zu schlafen. Mein Arm trifft sich mit dem meines Nachbarn auf der Lehne. Er muss, genau wie ich, die BerĂŒhrung fĂŒhlen, ziehz ihn aber nicht zurĂŒck. Keine BerĂŒhrungsĂ€ngste.

'Ich nĂ€here meinen Mund seinem Ohr und knabbere wollĂŒstig an seinem OhrlĂ€ppchen. Ich komme kaum zu Atem, meine Stimme klingt rau, als ich ihm die Worte ins Ohr flĂŒstere, die er hören will: "Nimm mich. Nimm mich jetzt!"
Ohne Zögern drĂŒckt er meine Beine nach oben, fĂŒllt meinen Mund mit seiner warmen und sĂŒĂŸen Zunge, lĂ€sst seinen perfekten Schwanz mit sanftem Druck in meinen Körper gleiten. Seine Eier klatschen gegen meine Haut, als er ganz in mir steckt.
Ich möchte ihn so tief, wie möglich, schiebe ihm meinen Arsch mit aller Gewalt entgegen. Ich fĂŒhle jeden Zentimeter seines Gliedes in mir, fĂŒhle, wie es zuckt und pulsiert, wie es zu enormer GrĂ¶ĂŸe anschwillt
.

Nun ist es doch passiert. Mein Schwanz spannt in meinen Jeans. Ich öffne meine Augen einen Spalt. Ich will sehen, ob mein Nachbar es registriert hat. Möglichst unauffĂ€llig lege ich meine HĂ€nde in den Schoß. Ich bin fast sicher, er hat es bemerkt. Er lĂ€chelt mir zu, ein leises Zwinkern in seinen Augen macht uns zu Komplizen.
„What’s your name?“
„Adriano.“
„I am Harry.“

Dirty Harry. Wieder Schweigen. Ich werde mĂŒde, aber bald ist es geschafft. Der alte Mann steckt einen USB-Stick in sein Notebook und zwinkert mir zu.
„Ist das alles hier real?“ flĂŒstere ich ihm zu.

„Nimm den Stick, mach’ damit, was du willst, meine Schöpfung AdrianOcean“, flĂŒstert er zurĂŒck. „Das hier ist nicht real, das ist meine Story ‚Coming out an der Adria’, die heute deine Anwesenheit und unser Treffen hier verĂ€ndert und vollendet hat. Aber jetzt ruh’ dich aus und trĂ€ume weiter, denn so habe ich es eben geschrieben.“

‚Harry schiebt seine Zunge tief in meinen Mund, beginnt in mich zu stoßen, leidenschaftlich, mit der UngestĂŒm eines Kriegers. Mein Schwanz reibt sich an seinem Bauch. Seine seidenweiche Haut und die warme BerĂŒhrung lĂ€sst mich innerlich erbeben. Mit jedem Stoß wĂ€chst die IntensitĂ€t unserer BerĂŒhrungen. Unser Atem wird schnell, unsere Körper werden feucht von Schweiß, unsere Muskeln beginnen unter der Anstrengung zu schmerzen. Ich kann es kaum mehr lĂ€nger halten. Fast wie von selbst zieht sich mein Schließmuskel um seinen Schwanz zusammen. Ich fĂŒhle, wie er sich aufbĂ€umt, seinen Atem anhĂ€lt.’

DĂŒsseldorf. Der alte Mann steigt aus und winkt mir zum Abschied vom Bahnsteig zu. Ich habe Harry wieder allein fĂŒr mich. Auch er schließt jetzt die Augen. Sein Kopf rollt an die KopfstĂŒtze in meine Richtung. Ich kann seinen Atem riechen, den Duft in seinen Haaren. Nach einiger Zeit berĂŒhrt mich sein Knie und reibt sich ganz sacht an meinem.

‚Unsere Körper scheinen einen Augenblick wie eingefroren, so gespannt sind unsere Muskeln. Ein Tropfen Schweiß fĂ€llt von Harrys Stirn auf meine Wange. Ich fĂŒhle seinen Samen. Sein Körper bĂ€umt sich auf, ein abgrundtiefer Laut kommt aus seiner Kehle. Ich komme auch. Meine Sahne klatscht gegen seinen Bauch, spritzt an seine Brust, sogar bis in sein Gesicht. Mich schĂŒttelt ein selten heftiger Orgasmus.
Wir liegen immer noch aufeinander, Harrys Schwanz steckt immer noch in mir. Er ist hart geblieben, und ich will ihn so lange wie möglich in mir fĂŒhlen. FĂŒr einige Sekunden waren wir eins, nichts trennte uns. Aber diese Sekunden sind vorbei. Was bleibt, ist Phantasie.’

Der Zug verlangsamt seine Fahrt, leitet das Bremsmanöver ein.
Ich rappele mich hoch, greife nach meinem Rucksack. Harry öffnet die Augen, sieht mich an und begreift die Situation.
„You are at home? Good bye. Take care.“

Sehe ich ein Bedauern in seinen Augen, oder bilde ich es mir ein?
„Cheerio. So long!“

Ich stehe am Bahnsteig und sehe ihn vorĂŒber rollen. Nur einen Moment, dann ist Harry Erinnerung. Man sollte Erinnerungen aufschreiben wie Rolf, der alte Mann, bevor sie verblassen.
Published by ManuelUdo
7 years ago
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